Zehn Bullen, sechs Kühe, drei Schweine, fünf Kaninchen und 30 Hühner – so war das in meiner Kindheit. Das ganze Jahr über das Richtige zu tun, ist eine Riesenaufgabe. Politik, Geschichte, Deutsch, da war ich immer gut. Damit kann man Politologie studieren. Aber Taxifahrer mit Diplom: Nee, das ging nicht. Also Rechtswissenschaften. Ich bin ein sehr zufriedener Rechtsanwalt. Dass ich trotzdem den landwirtschaftlichen Betrieb von meinem Vater irgendwann übernehmen würde, war immer klar.
Die Schöpfung ist ziemlich vollkommen
Mit dem Trecker über die Felder fahren, das ist die geringste Arbeit bei der Landwirtschaft. Mein wichtigstes Werkzeug ist mein Spaten. Damit schaue ich mir den Boden an, überlege, was braucht der jetzt? Welche Pflanzen gehören da hin, was wächst hier an Unkraut? „Mein Gott, Pieper, was machst Du da?“, hat sich anfangs vielleicht mancher gedacht.
Die Natur ist ziemlich gut, die Schöpfung ist ziemlich vollkommen. Man muss sie an vielen Stellen auch einfach mal machen lassen. Aus der Sorge, dass meine landwirtschaftliche Ausbildung nicht reicht, habe ich mich immer weitergebildet. Ich habe über andere Bearbeitungstechniken nachgedacht. Konservierende Landwirtschaft funktioniert nur mit Direktsaat, wir pflügen nicht, wir grubbern nicht. Ich arbeite den Boden nicht durch. Zu keinem Zeitpunkt. In hundert Jahren nicht, das ist das Ziel. Ich fahre einfach über die Zwischenfrucht, fahr‘ die platt und drille da die Saat rein. Gerste. Weizen. Roggen. Zuckerrüben. Raps. Ackerbohnen.
Verwöhnte Pflanzen essen nur Sahnetorte
Wir setzen in der konservierenden Landwirtschaft mineralischen Dünger und Pflanzenschutzmittel ein. Das Ziel ist aber, die Inputs langfristig zu reduzieren, weil wir ein sich selbst regulierendes System schaffen, ähnlich dem Waldboden, was den Gehalt an Mineralstoffen in unserer Nahrung erhöht. Wenn man der Pflanze nur den Dünger auf den Kopf schmeißt, dann ist die verwöhnt. Dann isst sie im Prinzip nur Sahnetorte und muss sich nicht einfügen ins System des Bodenlebens, ist auf die anderen im Biokreislauf nicht angewiesen.
Das System ist sehr anspruchsvoll. Vielleicht mache ich es auch deswegen so gerne, weil es schwierig ist, ein immergrünes System zu haben. Landwirtschaft ist immer ein Eingriff in die Natur, deswegen muss man schauen, was das geringste Übel ist. Warum ziehen die Vögel hinter dem Pflug her? Weil beim Pflügen die Regenwürmer hochgeholt werden. Die haben, wenn man im Frühjahr ackert, ein Problem, weil sie sich in der Zeit fortpflanzen. Wenn ich pflüge, störe ich sie dabei. Dabei ist der Regenwurm mein wichtigster Bodenhelfer. Wenn ich einen fruchtbaren Boden haben will, muss ich diese Kameraden in Ruhe lassen, damit sie ihren Job machen können. Umwandlungsprozesse, Atmungsaktivität, Wasserdurchlässigkeit – macht alles der Regenwurm.
"Als Missioniar tauge ich nicht."
Die Natur kann so viel Tolles. Ich bin dankbar, dass ich das verstehen darf und dass ich damit umgehen darf. Ich bin nur derjenige, der es jetzt macht. Ich will auch etwas hinterlassen für meine Nachfahren. Mich nimmt sehr mit, dass wir nicht einfach die Ressourcen verbrauchen dürfen. Als Missionar tauge ich nichts. Ich glaube aber, dass alles so seinen Sinn hat. Auch wenn ich schlecht darin bin, die Frohe Botschaft weiterzutragen.
Den Herrn anrufen oder Jesus anrufen, das ist nicht so meins. Aber mir kann keiner erzählen, dass nicht auch Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind, eine gewisse Gottesfürchtigkeit in sich tragen. Auch wenn sie es so nicht nennen würden. Ich glaube, dass es in uns angelegt ist.
Protokoll: Frauke Josuweit / Öffentlichkeitsarbeit im Kirchenkreis Wolfsburg-Wittingen